Nach diesem Modul kannst du einordnen, welche Anforderungen die AHundV an die Halterperson stellt, verstehen, warum menschliche Stabilität ein zentraler Faktor für die Funktionsfähigkeit des Teams ist, erkennen, wie innere Zustände des Menschen das Verhalten und die Lastverarbeitung des Hundes beeinflussen und reflektieren, welche persönlichen Voraussetzungen du selbst in ein Assistenzhundeteam einbringst – oder welche Unterstützung du benötigst, um dein Team langfristig stabil zu halten.
Dieses Modul verbindet die bisherige Beschäftigung mit Hundeverhalten, Teamarbeit und Orientierung mit der Frage, welche Rolle die Halterperson aus Sicht der AHundV einnimmt. Die Verordnung bewertet nicht nur die Eignung des Hundes, sondern ebenso die des Menschen, weil Assistenzhundearbeit immer eine geteilte Verantwortung darstellt. Ziel ist es, zu verstehen, wie die Halterperson zur Stabilität des Teams beiträgt und warum die Fähigkeit zur Selbstregulation und realistischen Einschätzung des eigenen Alltags rechtlich wie praktisch unverzichtbar ist.
Assistenzhundearbeit findet nie isoliert statt. Sie entsteht im Zusammenspiel zweier Partner, die beide mit ihren inneren Zuständen, Erwartungen und Grenzen in den Alltag gehen. Der Hund orientiert sich an der Halterperson, weil Menschen für ihn zentrale Bezugspunkte sind. Daraus ergibt sich eine grundlegende Tatsache: Die Stabilität des Hundes ist an die Stabilität des Menschen gekoppelt.
Wenn die Halterperson unruhig, überlastet oder inkonsistent reagiert, verändert sich die Verarbeitungsleistung des Hundes. Der Hund beginnt dann, zusätzliche Orientierung zu suchen oder Belastung mitzutragen, die eigentlich nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt. Aus diesem Grund prüft die AHundV nicht nur, ob ein Hund geeignet ist, sondern ebenso, ob die Halterperson die Fähigkeit mitbringt, ein stabiles Team zu bilden.
Die AHundV beschreibt ausdrücklich, dass Assistenzhundearbeit nur dann möglich ist, wenn die Halterperson bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Diese beziehen sich nicht auf Perfektion, sondern auf grundlegende Fähigkeiten: die Fähigkeit, den Hund sicher und tierschutzgerecht zu führen, Entscheidungen am Tierwohl auszurichten und das eigene Verhalten so zu gestalten, dass es dem Hund Orientierung und Sicherheit ermöglicht.
Die Verordnung macht deutlich, dass die Halterperson nicht passiv ist, sondern Trägerin von Verantwortung. Ihre innere Stabilität, ihr Entscheidungsvermögen und ihre Fähigkeit, Situationen einzuschätzen, bilden zusammen mit dem Hund die Grundlage für ein funktionsfähiges Team. Die rechtliche Perspektive der AHundV ist dabei eindeutig: Ein Assistenzhund kann nur anerkannt werden, wenn die Halterperson in der Lage ist, seine Bedürfnisse, Belastungsgrenzen und die Anforderungen des öffentlichen Raums jederzeit zu berücksichtigen.
Hunde orientieren sich an Menschen über feine Signale: Atemrhythmus, Bewegungsfluss, Körperspannung, Blickverhalten und die Art, wie Entscheidungen getroffen werden. Diese Signale wirken nicht bewusst, aber verlässlich. Ein Mensch, der in einer Situation angespannt ist, vermittelt seinem Hund eine andere Dynamik als ein Mensch, der ruhig und klar reagiert.
Das bedeutet nicht, dass Halterpersonen immer stabil sein müssen. Es bedeutet, dass ihre Regulation eine direkte Wirkung auf die Regulation des Hundes hat. Wenn ein Mensch emotional aufgewühlt, erschöpft oder überlastet ist, braucht der Hund mehr Orientierung, als die Halterperson in diesem Moment geben kann. In solchen Situationen droht das Team aus dem Gleichgewicht zu geraten, selbst wenn der Hund an sich belastbar wäre.
Für die AHundV ist dieser Zusammenhang entscheidend, weil Teamarbeit im öffentlichen Raum nur dann sicher ist, wenn beide Partner innere Stabilität in einem tragfähigen Maß einbringen.
Belastbarkeit ist ein gemeinsamer Prozess. Der Hund bringt ein bestimmtes Belastungsprofil mit, doch dieses entfaltet sich nur im Zusammenspiel mit dem Menschen. Wenn der Mensch Situationen gut einschätzt, Übergänge vorbereitet und Entscheidungen mit Bedacht trifft, bleibt der Hund eher in einem regulierbaren Bereich. Wenn der Mensch hingegen in Situationen gerät, die ihn selbst überfordern, verliert der Hund Orientierung und muss vermehrt kompensieren.
Die AHundV beurteilt daher, ob die Halterperson in der Lage ist, Situationen so zu gestalten, dass der Hund nicht unnötig in Grenzbereiche gerät. Ein Team gilt nicht als funktionsfähig, wenn der Hund Belastungen ausgleichen muss, die im Ursprung beim Menschen liegen. Funktionsfähigkeit meint, dass beide Partner gemeinsam arbeitsfähig bleiben – nicht, dass einer die Stabilität des anderen dauerhaft ersetzt.
Verantwortung bedeutet im Assistenzhundekontext, Entscheidungen nicht nach Erwartung oder Wunsch zu treffen, sondern nach Zumutbarkeit für das Team. Die AHundV verpflichtet Halterpersonen dazu, Situationen so zu gestalten, dass der Hund weder überfordert noch gefährdet wird. Dazu gehört, Grenzen wahrzunehmen und ernst zu nehmen, selbst wenn diese Grenzen den Alltag einschränken oder Veränderungen notwendig machen.
Verantwortung bedeutet auch, sich bewusst zu machen, dass Assistenzhundearbeit über Jahre hinweg stattfindet. Ein heute gerade noch bewältigter Alltag kann morgen eine Last darstellen, wenn der Hund älter wird, sich Lebensumstände ändern oder neue Anforderungen entstehen. Nachhaltigkeit ist damit ein wesentlicher Bestandteil der Verantwortung, die die Halterperson trägt.
Die Eignung der Halterperson ist ein zentraler Bestandteil der Assistenzhundearbeit und der AHundV. Sie umfasst die Fähigkeit, Orientierung zu geben, innere Zustände zu regulieren und Entscheidungen am Tierwohl auszurichten. Teamarbeit entsteht dort, wo der Hund nicht kompensieren muss, was der Mensch nicht tragen kann. Und sie bleibt dort stabil, wo die Halterperson die eigenen Grenzen ebenso ernst nimmt wie die des Hundes.
Die rechtliche Perspektive ergänzt diese Haltung, indem sie klar vorgibt, dass ein Assistenzhund nur anerkannt werden kann, wenn die Halterperson langfristig in der Lage ist, sein Wohl und seine Stabilität zu sichern.
In welchen Situationen fällt es dir leicht, Orientierung zu geben? Wo spürst du, dass deine eigenen Grenzen die Stabilität deines Hundes beeinflussen könnten? Und was brauchst du, damit dein zukünftiges oder bestehendes Team langfristig tragfähig bleibt?