Nach diesem Modul kannst du:
erklären, wie Hunde lernen und warum Lernen immer im Kontext stattfindet.
erkennen, wie innere Zustände Lernfähigkeit beeinflussen.
Situationen analysieren, in denen Lernen möglich oder nicht möglich ist.
Alltagsmomente so gestalten, dass der Hund Informationen sicher verarbeiten kann.
Hunde lernen nicht nur, wenn wir „trainieren“.
Sie lernen ständig — aus Körpergefühl, aus Situationen, aus Mustern und aus dem, was ihnen Sicherheit oder Unsicherheit gibt.
Lernen bedeutet für den Hund:
„Was bedeutet das hier für mich, und wie sollte ich reagieren?“
Diese Bewertung passiert im Körper, im Nervensystem und in der Wahrnehmung, bevor Verhalten entsteht.
Du verlässt mit deinem Hund die Wohnung.
Schon im Treppenhaus spannt er leicht an, schaut öfter, bewegt sich vorsichtiger.
Bevor du draußen überhaupt etwas siehst, hat dein Hund bereits bewertet:
wie viel Raum er hat
welche Geräusche zu hören sind
ob Bewegung im Umfeld ist
wie er sich fühlt
Wenn der Hund hier schon viel verarbeiten muss, lernt er draußen anders — oft weniger stabil, weil die Kapazität begrenzt ist.
Ein Hund lernt nur so gut, wie er emotional reguliert ist.
Ist er entspannt und klar, kann er neue Informationen aufnehmen.
Ist er angespannt, müde, überdreht oder unsicher, reagiert er schneller impulsiv und weniger überlegt.
Innere Zustände beeinflussen:
Aufmerksamkeit
Impulskontrolle
Reizfilterung
Risikobewertung
Entscheidungen
Darum ist es unfair, einem Hund in angespannten Momenten „besseres Verhalten“ abzuverlangen.
Er ist nicht unwillig — er ist überlastet.
Wenn dein Hund sich in einer Begegnung aufregt, ist er nicht „nicht erzogen“, sondern nicht in einem lernfähigen Zustand.
In solchen Momenten hilft Orientierung, nicht Training.
Hunde denken nicht in Konzepten wie „dürfen“ oder „nicht dürfen“.
Sie lernen Muster:
„Bewegung nach vorn → viel Info → hohe Aktivierung.“
„Ruhiger Mensch → klare Orientierung → mehr Sicherheit.“
„Gerade Wege → Begegnungen näher → frühe Bewertung nötig.“
Diese Muster verbinden sich mit Erlebnissen und formen Erwartungen.
Wenn wir die Muster erkennen, die der Hund gelernt hat, können wir sie verändern — nicht über Korrektur, sondern über neue Erfahrungen.
Ein Hund zieht an der Leine, sobald er einen Weg betritt.
Nicht, weil er „dominieren“ möchte.
Sondern weil er gelernt hat:
„Dieser Weg = hohe Reizdichte = schnelleres Vorwärts.“
Wenn du Tempo rausnimmst, Blickachsen öffnest und durch ein anderes Ritual startest, entsteht ein neues Muster:
„Dieser Weg = ruhig starten = Orientierung möglich.“
Hunde verarbeiten Informationen nicht vollständig in der Situation.
Sie brauchen Ruhe, Schlaf und Sicherheit, um Erlebnisse einzuordnen.
Hunde lernen in der Situation —
aber sie verstehen erst in der Ruhe.
Wenn ein Hund keine echten Ruhephasen hat, kann er Eindrücke schlechter integrieren.
Die Folge: Verhalten wirkt unvorhersehbarer oder unausgeglichen, obwohl der Hund „eigentlich alles kann“.
Wenn du merkst, dass dein Hund nach einem Spaziergang sehr viel schluckt, seufzt oder sich schüttelt, zeigt er:
„Ich sortiere gerade.“
Das ist Verarbeitung — keine Unruhe.
Ein Hund kann nur lernen, wenn er versteht, worum es gerade geht.
Je klarer die Situation, desto leichter findet er in stabiles Verhalten.
Hilfreich ist:
klare Start- und Endpunkte
langsame Übergänge
ausreichend Abstand
erkennbare Orientierungspunkte
wiederkehrende Muster
Je weniger Überraschungen, desto mehr Lernfähigkeit.
Du willst, dass dein Hund an lockerer Leine läuft.
Wenn du aber in unübersichtlichen Bereichen startest, dicht an Menschen vorbeigehst oder das Tempo ständig wechselt, entsteht Chaos.
Gib ihm 10 Meter Klarheit am Anfang.
Der Hund lernt schneller, weil die Situation lesbar ist.
In welchen Situationen ist dein Hund besonders lernfähig?
Wo siehst du frühe Hinweise, dass er überlastet ist?
Welche Muster hat dein Hund bereits gelernt — und welche möchtest du verändern?
Welche deiner eigenen Handlungen machen Situationen für den Hund klarer?