Nach diesem Modul kannst du:
erklären, wie Bedürfnisse und Emotionen Verhalten formen.
erkennen, welche Bedürfnisse im Alltag oft übersehen werden.
Emotionen im Hund verstehen, ohne sie zu vermenschlichen.
Situationen so gestalten, dass der Hund in einen emotional stabilen Zustand finden kann.
im Alltag einschätzen, wann Verhalten aus einem unerfüllten Bedürfnis oder aus einer Emotion entsteht.
Hunde handeln nicht willkürlich.
Ihr Verhalten entsteht, weil ein Bedürfnis erfüllt oder nicht erfüllt ist.
Zu den grundlegenden Bedürfnissen eines Hundes gehören:
körperliche Sicherheit
soziale Nähe
Orientierung
Ruhe und Schlaf
sinnvolle Bewegung
Abstand oder Nähe, je nach Situation
Informationsaufnahme (schnüffeln, erkunden)
Wenn ein Bedürfnis dauerhaft nicht erfüllt ist, reagiert der Hund mit:
Spannung
Überforderung
Rückzug
erhöhter Aktivierung
lautem Verhalten („Problemverhalten“)
Nicht der Hund ist schwierig — die Situation ist unpassend.
Dein Hund zieht an der Leine.
Nicht, weil er „führen“ will, sondern weil er versucht, ein Bedürfnis zu erfüllen:
Abstand herstellen
schneller Informationen sammeln
einer Unsicherheit ausweichen
Reizdichte reduzieren
Wenn das Bedürfnis verstanden wird, verändert sich das Verhalten.
Hunde haben keine festen Bedürfnisse, die immer gleich bleiben.
Sie reagieren darauf, was sie gerade erleben:
Ein Hund möchte Nähe — bis der Raum zu eng wird.
Er möchte erkunden — bis ein Geräusch ihn unsicher macht.
Er möchte laufen — bis die Reize zu viel werden.
Bedürfnisse sind dynamisch und abhängig von:
Stress
Erregung
Müdigkeit
Umweltbedingungen
sozialen Reizen
gesundheitlichen Faktoren (Bezug zu Modul 10)
Wer „konstantes Verhalten“ erwartet, verkennt diese Dynamik.
Emotionen sind im Körper verankerte Prozesse:
Veränderungen in Spannung, Atmung, Puls, Muskeltonus.
Typische emotionale Zustände sind:
Neugier
Vorsicht
Unsicherheit
Freude
Stress
Überforderung
Erleichterung
Emotionen entstehen aus der Wahrnehmung, nicht aus „Absicht“.
Ein Hund will nicht „ärgern“.
Er reagiert emotional — und diese Emotion zeigt sich im Verhalten.
Wenn ein Hund bei Begrüßung zu aufgeregt ist, ist das keine Ungezogenheit.
Es ist Freude + soziale Überforderung.
Entlastung schafft hier mehr Wirkung als „Regeln“.
Ein emotional angespannter Hund hat andere Bedürfnisse als ein entspannter Hund:
angespannt → mehr Abstand, mehr Orientierung, weniger Aufgaben
entspannt → mehr Flexibilität, mehr soziale Offenheit, mehr Lernfähigkeit
überfordert → Rückzug oder laute Reaktion
neugierig → mehr Bewegung, mehr Informationsaufnahme
Wenn wir versuchen, Verhalten zu verändern, ohne den emotionalen Zustand zu berücksichtigen, scheitert es — zuverlässig.
Du willst, dass dein Hund in einer Begegnung ruhig bleibt.
Doch er ist emotional schon angespannt durch:
vorherige aufregende Situationen
fehlende Pausen
beengte Wege
überraschende Bewegungen
Versuchst du nun, „Ruhe zu verlangen“, kollidiert das mit seinem emotionalen Zustand.
Erst Emotion regulieren — dann Verhalten ermöglichen.
Beispiele:
Hund bellt am Zaun → Bedürfnis nach Distanz + Bedürfnis nach Information
Hund springt Menschen an → Bedürfnis nach Nähe + emotionale Überforderung
Hund „klammert“ → Bedürfnis nach Orientierung, nicht Unsicherheit
Hund „ignoriert“ Signale → Bedürfnis nach Sicherheit vor Reizen
Hund zieht → Bedürfnis nach schnellerer Verarbeitung von Umweltreizen
Wenn wir das Bedürfnis erkennen, wird Verhalten verständlich — und veränderbar.
Ein Hund, dessen Bedürfnisse beachtet und erfüllt werden, zeigt:
weniger Stress
bessere Lernfähigkeit
klarere Kommunikation
mehr Orientierung
ruhigeres Sozialverhalten
Bedürfniserfüllung ist kein „Verwöhnen“.
Sie ist die Grundlage für Stabilität.
Ein Hund, der genügend schlafen darf, wird draußen ruhiger.
Ein Hund, der Abstand bekommt, wird sozial sicherer.
Ein Hund, der schnüffeln darf, wird kontaktfähiger.
Bedürfniserfüllung ist kein Zusatz — sie ist der Kern.
Wir entscheiden, wie viel Raum, Ruhe, Nähe oder Abstand unser Hund bekommt.
Deine Aufgaben sind:
Situationen lesbar machen
Bedürfnisse wahrnehmen
Orientierung geben, wenn nötig
Entlastung schaffen, bevor es kippt
den Alltag so gestalten, dass der Hund nicht ständig kompensieren muss
Hunde, die nicht ständig zwischen Bedürfnissen und Umwelt kämpfen müssen, werden von selbst stabiler.
Welche Bedürfnisse deines Hundes erkennst du leicht — und welche übersiehst du?
Wann entsteht Spannung, weil ein Bedürfnis nicht erfüllt wird?
Wo könntest du deinem Hund im Alltag schneller Entlastung anbieten?
In welchen Situationen ändern sich seine Bedürfnisse besonders schnell?